top of page

31. Oktober 2017 Teil I

Halloween


„Hallo, mein Name ist Tiger.“ Sagte das kleine Kätzchen, was auf meine Brust saß. „Hallo“, kam es atemlos von mir. Ich bin wirklich verrückt. Eine sprechende Katze, Grace das ist selbst für dich richtig krass. Verwundert rieb ich mir über die Augen und versuchte mich hoch zu stemmen.

„Hey“, kam es protestierend von Tiger, während ich mich aufsetzte. Flink sprang er von mir runter und sah mich mit seinen unterschiedlich gefärbten Augen empört an. Das Rechte war grün und das Linke gelb oder nein, eher wie dunkler Sand. Ich versuchte ihn nicht weiter zu beachten und drehte mich zu meinem Bett um. Leise tapste er mir hinter her. „Du bist nicht nett“, hörte ich hinter mir. Demonstrativ hob ich meine Bettdecke und machte es mir in meinem Bett gemütlich.

„Gute Nacht“, sagte ich nur und drehte mich zur Wand. Das war nur ein Traum. Ganz bestimmt, wenn ich am Morgen aufwache, ist alles ganz normal. Keine sprechende Katze.

„Tz, das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Etwas netter und euphorischer.“, ich hörte Tiger noch eine Weile lang meckern und Vorwürfe aussprechen, bis ich irgendwann in den Schlaf glitt.


Am frühen Morgen weckte mich ein seltsames Gefühl. Etwas Raues und Feuchtes an meiner Wange berührte mich kontinuierlich. Ich machte die Augen auf und erschrak. Katzenaugen fixierten mich. „Bist du endlich wach?“ Ich schrie und stürmte aus dem Bett. „Scheiße, ich bin total irre. Ich muss in die Klapse.“ Panisch lief ich in meinem Zimmer auf und ab. „Du bist aber komisch“. Tiger setzte sich inmitten des Raumes und beobachtet mich bei meiner Wanderung.

„Du bist nicht echt. Du existierst nicht. Du bist nur eine Einbildung und sprechen kannst du erst recht nicht.“ Sagte ich voller Überzeugung. Tiger legte seinen Kopf schief und kniff zweifelnd seine Augen leicht zusammen.

„Du bist echt fies. Natürlich bin ich echt!“, daraufhin machte er einen Satz auf mich zu. Ich versuchte auszuweichen „Komm mir nicht zu nahe. Ich bin allergisch gegen Katzen.“ Aufgebracht versuchte ich Tiger zu entwischen, aber er war schnell und so landete er auf meine Schulter. Schnurrend rieb er sein Köpfchen, an meinen.

„Das habe ich ja noch nie gehört. Eine Hexe, die allergisch auf Katzen ist. Das kann ich nicht glauben.“ Sagte er lachend. Seit wann konnten Katzen lachen?

Meine Zimmertür wurde aufgerissen und meine Familie stürmte in mein Zimmer. „Was ist passiert?“, fragte mein Vater in höchster Alarmbereitschaft. Mom stolperte hinter ihm herein. Tante Claire stand die Situation abschätzend neben der Tür. „Wie ich sehe, hat er dich gefunden.“, kam es zufrieden von ihr. Verblüfft drehte ich mich zu ihr „Hä?“ Sie nickte mit ihrem Kopf zu Tiger. „Na dein Seelentier.“

„Ihr was?“, fragten meine Eltern verdutzt.


Wir fanden uns alle in dem Wohnzimmer ein. Mom brachte jedem von uns noch eine heiße Tasse Tee, bevor sie sich setzte. Tiger lag schnurrend neben mir. „Es ist wohl an der Zeit, Teile des Puzzles aufzudecken. Marilla und Mike, ihr wisst ja schon bescheid.“ Kurz nickte sie den beiden zu, dann wandte sie sich mit ernster Stimme an mich. „Grace, vieles wurde dir bis jetzt verschwiegen, weil es teilweise so Brauch ist und anderseits um dich zu schützen.“ Still nickte ich nur. Ich hatte so viele Fragen, aber Angst sie zu stellen. Was wäre, wenn sie sich es anders überlegte und doch schwieg. Also blieb ich lieber ruhig und versuchte konzentriert zu zuhören.

„Wir beide werden heute nach Moonlight Falls aufbrechen. Dort wirst du leben, geschützt unter unseresgleichen. Du und ich, wir sind Hexen.“ Bedeutungsvoll sah sie mir in die Augen. Jetzt konnte ich mich doch nicht zurückhalten.

„So wie in Harry Potter?“, fragte ich begeistert. Ich liebte diese Bücher und wie jeder Fan, war es mein innigster Wunsch den Brief zu erhalten. Vielleicht oder besser gesagt war es kindisch, aber das war mir Schnuppe. Tante Claire brachte ein Lachen hervor.

„Nein oder doch? Frau Rowling kam mit ihren Büchern unserer Welt ziemlich Nahe. Manchmal frage ich mich, ob sie einen Insider hatte.“ Nachdenklich sah sie an mir vorbei, dann fixierte sie mich wieder abrupt. „Unsere Welt ist doch etwas anders als ihre und doch sehr ähnlich. Moonlight Falls ist durch einen Schleier vor der Außenwelt geschützt. Sprich kein Nicht magisches Wesen, kann hinein kommen ohne das wir es wollen.“ Sie machte eine kleine Pause und nahm einen kräftigen Schluck von ihrem heißen Kamillentee.

„Dort wirst du bei zwei älteren Damen im Haus leben. Sie werden dich in die Gesellschaft einführen und dir helfen und dich unterstützen, wo sie nur können. Tiger wird auch mit dir gehen.“ Als er seinen Namen hörte, setzte er sich auf und miaute. „Jede Hexe besitzt ein Seelentier. Sie werden an dem 16ten Geburtstag der jeweiligen Hexe aus der Seele und der erwachten Magie geboren und erscheinen erst an Samhain oder anders gesagt an Halloween.“ Traurig wandelte sich ihr Blick.

„Wo ist dein Seelentier?“, frage ich sie neugierig. Tante Claire schaute bedrückt beiseite. „Sie wurde mir genommen.“ Kurze Stille setzte ein. Dann lächelte sie mich wieder an. „Ich bin sicher das ich Tiara bald wieder sehen werden. Keine Hexe überlebt lange ohne ihr Seelentier. Beide finden sich immer wieder, sollten sie getrennt werden.“



„Warum sagt ihr mir das jetzt erst alles und warum kann ich nicht hier bleiben?“ Bestürzt sah ich zu meinen Eltern. Mein Vater war derjenige, der antwortete. „Nun Kleines, wir sind keine Hexen und da die Magie bei Hexen, erst am 16ten Geburtstag erwacht, wollten wir dir ein ganz normales Leben bieten. Wir hätten dich auch bei deiner Geburt schon nach Moonlight Falls bringen lassen können, aber das brachten wir nicht über uns. Selbst jetzt fällt es uns beiden schwer, dich gehen zu lassen.“ Dabei lief ihm eine Träne an seiner Wange hinab, die er sich schnell abwischte.

Auch mir standen mittlerweile die Tränen in den Augen. „Und hier bleiben kannst du nicht.“ Kam von meiner Tante. „In der Magie gibt es nicht nur das Gute, sondern auch das Böse. Sobald die Magie der Hexe erwacht, leuchtet sie wie ein Sternenfeuer für die bösen Wesen. Nur in Moonlight Falls bist du geschützt.“ Ich wischte mir die Tränen ab. „Und warum fahren wir erst jetzt, wenn ich doch anscheinend in Gefahr bin?“ Tiger tapste auf meinen Schoss und versuchte mich mit seinen Schnurren zu beruhigen.

„Der Übergang zu Moonlight Falls kann nur zu den Hochfesten begangen werden. Ich bin hier um dich zu schützen, bis wir den Übergang geschafft haben.“ Sagte sie ruhig.

„Das hört sich schwer an.“ Meine Tante tat es mit einer Handbewegung ab. „Nur wenn man ans Besenfliegen nicht gewöhnt ist.“ Ein freudhaftes Glitzern erstrahlte in ihren Augen.„Jetzt müssen wir auch langsam los. Verabschiede dich von deinen Eltern. Ich warte draußen.Wie vor dem Kopf gestoßen ließ ich meine Tasse fallen.

„Jetzt?“, rutschte mir entgeistert heraus.Meine Mom kam auf mich zu und nahm mich fest in den Arm.„Ja Grace. Du wirst mir fehlen. Schreib mir ab und zu.“ Meine Tränen flossen wieder „Ja Mom“, schniefte ich. Sie trat beiseite und mein Dad nahm mich in den Arm. „Pass auf dich auf.“ War alles, was er sagte. Dann trat auch er beiseite, nahm mich an die Hand und führte mich nach Draußen. Dort stand Tante Claire mit einem Besen in der Hand. „Hopp Hopp.“, sagte sie fröhlich. Mein Vater ließ mich los und ging zu meiner Mutter. Ungeschickt setzte ich mich hinter Tante Claire auf den Besen. „Moment, ich hab noch mein Schlafzeug an und meine Tasche.“ Panisch wollte ich wieder hinuntersteigen.

„Notes vidulus, et lapides sacculi” Sagte Tante Claire und daraufhin hingen mein Koffer und meine Tasche an dem Besen. “Sibi exhiberet convivium.” Heller Rauch hüllte mich ein und lüftete sich nach wenigen Sekunden. Unbekannte Kleidung hatte ich jetzt an. Staunend öffnete ich meinen Mund und wollte was sagen als - “Halt dich fest!” - von Tante Claire ertönte und wir prompt in die Luft abhebten.


 

bottom of page