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17.Oktober 2017

Der 16te Geburtstag

Mein Name ist Grace Chapman und heute ist mein 16ter Geburtstag.

„Grace, bist du schon wach?“, Schritte aus dem Flur erklangen. Leise wurde meine Zimmertür geöffnet. Der Kopf meiner Mutter lugte herein und ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie mich zerzaust in meinem Bett liegen sah. „Grace mein Schatz“, ich drehte mich in meinem Bett und nur ein verschlafenes Murmeln drang aus meinem Mund. Die Lippen meiner Mutter berührten zart meine Wange. „Alles Gute zu deinem 16ten Geburtstag mein Schatz. Steh auf, das Frühstück wartet.“ Leise ging sie wieder hinaus und ließ die Zimmertür offen. Genervt schlug ich meine Bettdecke beiseite und schwang mich aus dem Bett. Müde tapste ich zu meiner Kommode und griff nach meiner Haarbürste, dabei fiel mein Blick auf mein Spiegelbild. Grüne Augen blickten mich genervt an. „Ja ja, du mich auch“. Ich war noch nie der frühe Vogel, aufstehen vor 10 Uhr war für mich ein Graus.


Der Geruch von süßen Pfannkuchen drang in meine Nase. Hungrig knurrte mein Magen als ich die Küche betrat und meine Eltern am Frühstückstisch sitzen sah. Leise aber energisch schienen sie in ein Gespräch vertieft zu sein. Schnell machte ich einen Schritt zurück in den Flur um unentdeckt zu bleiben. Die tiefe Stimme meines Vaters erklang wütend, „Das können wir nicht zulassen.“ Mein Herz schlug in die Höhe bei dem ungewohnten Ton meines Vaters. Nie erhob er seine Stimme. Angestrengt lauschte ich weiter. Aufgebracht stieß er den Stuhl zurück und ging ziellos in der Küche herum. „Du musst was dagegen unternehmen Marilla!“. Traurig ließ meine Mutter ihren Kopf hängen. „Das kann ich nicht“, murmelte sie und wandte ihren Blick zum Fenster. Abrupt blieb mein Vater vor ihr stehen und blickte sie hoffnungslos an, so erschien es mir jedenfalls. „Aber, sie ist doch unser kleines Mädchen.“ Seine Stimme wurde zum Ende fast ein Flüstern.


Vor Angst krampfte sich mein Magen zusammen. Was meinte er bloß? Ich würde es herausfinden müssen. Tief atmete ich ein und betrat die Küche. Erschrocken blickten meine Eltern mich an. Meine Mutter hatte sich als Erste im Griff und lächelte mich warmherzig an. „Bist du endlich aufgestanden?“ Eher eine Feststellung als eine ernst gemeinte Frage. „Wie man sieht“, auf der Anrichte lagen die köstlich duftenden Pfannkuchen und mein Magen knurrte wieder. Mein Appetit war mir vergangen, aber mein Magen verlangte trotzdem nach Nahrung. Lustlos nahm ich mir ein paar Stück und setzte mich zu meinen Eltern an den Tisch. Mein Vater hatte sich mittlerweile auch wieder im Griff und saß neben meiner Mutter. Still sah er mir beim Essen zu. Ich ließ mir Zeit beim Essen, um ihnen Gelegenheit zu geben, es mir von allein zu erzählen.

Mein Vater gab ein Räuspern von sich und ich blickte von meinem Essen auf. „Grace, auch von mir alles gute zum Geburtstag“, dabei förderte er ein kleines Päckchen zu tage und schob es zu mir rüber.


Später am Abend. Gemütlich lümmelte ich auf dem Sofa und schaute die neuste Let`s Dance Folge mit meinen Eltern. Mein Geburtstagsgeschenk - ein iPad – lag ausgeschaltet neben mir. Seit Längerem hatte ich mir dies gewünscht, jetzt da ich es nun habe freue ich mich nicht wirklich darüber. Vielleicht lag es daran, dass meine Eltern mir nichts verraten hatten. Weder fingen sie von sich aus an, noch gingen sie auf meine Frage ein. Meine Mutter meinte nur still, dass meine Tante Claire heute Abend vorbeikommen würde. Diese Eröffnung erschreckte mich zur Genüge und gab mir zu denken. Tante Claire, gefürchtet und gemieden. Warum weiß ich nicht. Auf Fragen, die ich diesbezüglich in der Vergangenheit gestellt hatte, wurden ignoriert. Meine Tante hatte ich nur einmal gesehen, und zwar an meinem 6ten Geburtstag. Nur spärlich kann ich mich an sie erinnern. Nur ihre Augen blieben die Jahre über tief in mein Gedächtnis, denn es waren meine eigenen. Unnatürlich hell grüne Augen hatten wir. Fremde sahen mich erstaunt an und schauten dann schnell wieder weg. Ich hatte mich in den Jahren mit dieser Reaktion angefreundet, aber als kleines Kind war es sehr schwer. Verstand ich doch nicht, was mit diesen Menschen los war und was sie gegen mich hatten.


Verwirrt erwachte ich und blickte mich nach dem störenden Geräusch um. Ich realisierte. dass ich wohl auf dem Sofa eingeschlafen war und bemerkte das meine Eltern stocksteif auf dem anderen saßen. Wieder ertönte das Geräusch und diesmal erkannte ich es als die Türklingel. „Mom, Dad, wollt ihr nicht aufmachen?“ Sie reagierten nicht auf meine Frage und da viel es mir wieder ein. Tante Claire. „Gut, dann nicht. Mach ich es halt“, murrend, aber doch etwas ängstlich, erhob ich mich und ging in den Flur. Wieder klingelte es. Vor der schweren Eingangstür blieb ich stehen und atmete noch einmal tief durch, bevor ich die Türklinke ergriff und sie herunter drückte. Wie von selbst schwang die Tür auf und eilig machte ich ein paar Schritte nach hinten. Erschrocken stieß ich die Luft aus und mein Blick fiel auf eine merkwürdig gekleidete ältere Version von mir selbst.

„Alles Gute zum Geburtstag, kleine Grace.“ Dabei lächelte sie auf die gleiche Weise wie ich immer.

„Tante Claire“, verwundert und gleichzeitig entsetzt starrte ich sie an.


 


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